Gastredner Gregor Gysi spricht über Europa

Digitalisierung, Innovationen, Wege zur Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität und die Frage, wie Projekte und Maßnahmen gezielt finanziell gefördert werden können, waren einige der Themen des gemeinsamen Forums der L-Bank, der Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer in Baden-Baden. Mehr als 500 Besucher aus der gesamten Region nutzten im Baden-Badener Kongresshaus die Möglichkeit, sich aus erster Hand zu informieren. Darüber hinaus boten Vorträge, Diskussionen, Workshops und die Fachmesse Gelegenheit, sich in komprimierter Form über aktuelle Fördermöglichkeiten der Mittelstandsfinanzierung zu informieren und in der als Dialogplattform konzipierten Veranstaltung ausgiebig Networking zu betreiben.

Innovationsdruck in Zeiten chronischer Unsicherheit

In seiner Begrüßung hob der Vorsitzende des Vorstands der L-Bank, Dr. Axel Nawrath, hervor, dass sich aktuell zwar die konjunkturelle Stimmung eintrüben würde, viele Unternehmen im Land aber weiterhin optimistisch und gut ausgelastet seien. Insgesamt flossen im Jahr 2018 in der Wirtschaftsförderung fast 200 Millionen Euro an Förderkrediten in die Region, annähernd 600 Unternehmen, davon zahlreiche Handwerksbetriebe, wurden unterstützt. Er betonte, dass die mittelständischen Unternehmen derzeit unter erheblichem Innovationsdruck stehen. “Die technologischen Entwicklungen zwingen viele Unternehmen dazu, ihr Geschäftsmodell grundsätzlich zu hinterfragen“, so Nawrath.

Gysi: „Menschen brauchen planbare Perspektiven“

Einen spannenden Blick in die Geschichte, vor allem aber auch in die Zukunft Europas richtete Gastredner Dr. Gregor Gysi. Der Bundestagsabgeordnete und Rechtsanwalt schilderte in seiner Keynote „Deutschland und Europa 30 Jahre nach dem Mauerfall – folgt der Vereinigung die Spaltung?“ eindrucksvoll mögliche politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen eines drohenden Auseinanderdriftens Europas und der europäischen Staaten. Dabei betonte Gysi, die EU stehe derzeit an einem Scheidepunkt zwischen der Chance auf einen Neustart oder einer Forcierung innerer und äußerer Zerfallsprozesse. „Die Politik kann der verbreiteten Verunsicherung nur Herr werden, wenn die Menschen wieder eine Perspektive für ein einigermaßen planbares Leben in sozialer und öffentlicher Sicherheit bekommen und der alte Grundsatz wieder Geltung erlangt, dass Eltern wissen, ihren Kindern wird es einmal besser gehen. Nur dann wird es auch gelingen, dass diejenigen, die scheinbar einfache Lösungen anbieten und einen nationalen Egoismus predigen, nicht weiter zunehmende Resonanz bekommen.”

Talkrunde zu Herausforderungen und Chancen für die Region

In der anschließenden Talkrunde griffen die Präsidenten Wolfgang Grenke und Joachim Wohlfeil die europa- und wirtschaftspolitischen Impulse von Gregor Gysi auf. In dem von der von der TV-Journalistin Hendrike Brenninkmeyer moderierten Gespräch diskutierten die beiden die Herausforderungen für die heimischen Unternehmen. Dabei kamen die Entwicklungen der deutsch-französischen Beziehungen sowie die Folgen des sich immer weiter hinziehenden Brexit ebenso Sprache wie die konkreten Herausforderungen der regionalen Betriebe, beispielsweise dem Fachkräftemangel zu begegnen oder die sich bietenden Chancen neuer digitaler Geschäftsmodelle zu nutzen. Kammerpräsident Wohlfeil wies darauf, dass das Handwerk mit der Initiative Handwerk 2025 versuche, mit Angeboten für die Betriebe gerade die Herausforderungen Fachkräfte, Technologie und Digitalisierung, Unternehmensnachfolge zu meistern.

Best Practice für Unternehmer

Im Mittelpunkt des Wirtschaftsforums standen die Workshops für Unternehmer. Anhand aktueller Best-Practice-Beispiele stellten Förderexperten der beteiligten Banken sowie Firmeninhaber aus der Region vor, welche Chancen Internationalisierung bietet, wie maßgeschneiderte Lösungen zur Optimierung der Ressourceneffizienz aussehen, Betriebe digitaler und innovativer werden und wie mittelständische Familienunternehmen von den unterschiedlichen Finanzierungs- und Förderangeboten profitieren können. Zudem zeigten IHK und Handwerkskammer in einem gemeinsamen Workshop auf, wie die Arbeitgeberattraktivität gesteigert werden kann und neue Wege in der Nachwuchssicherung gegangen werden können. Umrahmt wurde das Wirtschaftsforum von einer Fachmesse mit rund 30 Ausstellern – darunter auch Handwerk international, die KEFF Mittlerer Oberrhein und die TRK, zu den Themen Finanzierung und Förderung, Digitalisierung, Ressourceneffizienz und Schutz vor Wirtschaftsspionage.